Junges Theater
Die Schnapsidee oder Wie alles begann
Schnapsidee (Deutsch) / Wortart: Substantiv, (weiblich), Silbentrennung: Schnaps|idee, Mehrzahl: Schnaps-ide|en, Wortbedeutung/Definition: umgangssprachlich: Idee, die verrückt klingt oder die zum Zeitpunkt ihrer Entstehung (vielleicht, aber nicht zwingend unter Einfluss bewusstseinsbeeinflussender Mittel wie Alkohol) gut/klug erschien.
Auf manche Menschen sollte man auf feuchtfröhlichen Familienfesten lieber ein Auge haben, sonst endet der Abend (oder sollte ich lieber sagen: der frühe Morgen?) eben mit solchen „Schnapsideen“. Und auf so einer Feier vor 20 Jahren reifte im Laufe des Abends die Idee heran, in Duvenstedt ein Weihnachtsmärchen auf die Bühne zu bringen. Claudia Iden-Marquard, gebürtige Duvenstedterin und bereits aktives Mitglied im plattdeutschen Ensemble des Amateurtheaters Duvenstedt, befasste sich schon seit längerem mit dem Gedanken, in Duvenstedt Theater für Kinder zu machen. Und wer Claudia kennt, weiß: was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hat, zieht sie durch, allen Unkenrufen zum Trotz.
Glücklicherweise hatte sie in ihrem Familien- und Freundeskreis einige „Verrückte“, die bereit waren, diesen abenteuerlichen Weg mitzugehen. Ob wir wussten, auf was wir uns da einlassen? Mitnichten! Mit Birgit Kähler hatten wir jedoch einen „alten“ Hasen in Sachen Theater im Boot, die uns blutigen Anfängern mit einer Engelsgeduld das kleine Einmaleins des Theaterspielens beizubringen versuchte. Im Dezember 2000 war es dann endlich soweit: Unser erstes Weihnachtsmärchen „Sebastian Sternputzer“ wurde auf der Bühne des Max-Kramp-Hauses aufgeführt, mit unerwartet großem Erfolg! Unvergessen: Klaus „Dauni“ Daunicht, der damalige Küster der Duvenstedter Cantate-Kirche, in seiner Rolle als „Schattenmann“.
Und frei nach dem Motto „Never change a winning team“ nahm die anfängliche Schnapsidee ihren Lauf: Im Dezember 2019 spielen wir unser 19. Weihnachtsmärchen! Aus anfänglich acht Mitspielern wuchs in den Jahren ein Ensemble von bis zu 30 Darstellern (im Alter von 4-82 Jahren!), Souffleusen, Maskenbildnern, Ton- und Lichttechnikern heran.
Ein absolutes Highlight möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen: Unsere letzten Stücke wurden, dank unseres Musikus Pierre Marquard, von wahrhaft zauberhafter Musik begleitet, selbst komponiert und arrangiert!
Auch werden seit geraumer Zeit die Rollen hauptsächlich mit Kindern und Jugendlichen besetzt, was ein Stück weit auch dem Pragmatismus der früheren Akteure geschuldet ist: Wohin mit den lieben Kleinen, wenn Mutti zur Probe muss, bzw. Aufführung hat? Sie wurden kurzerhand mit zu den Proben geschleppt und, wo sie schon mal da waren, in ein Hundekostüm oder in eine Plastikmuschel gesteckt und wirkten als Statisten mit. Wenn anfangs auch noch ohne Text, so haben sie doch nicht nur manchen Schauspieler während der Aufführungen mit allerlei Faxen aus der Fassung gebracht, sondern sie haben auch noch den größten Applaus eingeheimst! Das kam bei den Zuschauern so gut an, dass von Jahr zu Jahr immer mehr Kinder mitmachen wollten.
Nicht alle unsere Kinder aus den Anfängen sind dabeigeblieben, manche haben durch Lehre oder Studium einfach keine Zeit mehr, aktiv im Theater mitzuwirken. Aber ab und an zieht es den einen oder anderen dann doch nochmal auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Das zeigt uns, wie viel ihnen das Theaterspielen bedeutet.
Sicherlich denkt auch so manche Darstellerin der ersten Stunde wehmütig an die alten Zeiten zurück: Konnte sie früher als junge Prinzessin oder Fee in schönen Kostümen auf der Bühne glänzen, bleiben ihr heute nur noch die Rollen als alte Hexe, rappende Erdbeere oder alternde Marktfrau. Aber was tut man nicht alles, um in dieser Truppe mit dabei zu sein! Unbezahlbar, die glücklichen Kinder im Zuschauerraum zu beobachten, wie sie mit großen Augen das Geschehen auf der Bühne verfolgen und sich am Ende der Vorstellung schüchtern ein Autogramm der Darsteller holen.
Sicher, andere Familien sitzen in der Vorweihnachtszeit gemütlich um ihren Adventskranz. Wir jedoch wir haben das Glück, die Vorweihnachtszeit mit unserer „Weihnachtsmärchenfamilie“ verbringen zu dürfen - und das möchte ich auf keinen Fall missen! Hoffen wir, dass sich Claudia noch lange ihren Enthusiasmus, ihre Kreativität, ihre Geduld und ihren Spaß am Regieführen erhält und wir noch viele Weihnachtsstücke in Duvenstedt aufführen können!
Susanne Iden